Kann der Mindestkurs im Falle eines EZB-Staatsanleihekaufprogramms verteidigt werden? In Anbetracht des aufziehenden Deflationsgespenst empfiehlt die Großbank BNP Paribas Anleihekäufe für 1,4 Billionen Euro. Deutschland muss sich derweil vorwerfen lassen durch seine Sparpolitik die gesamte Eurozone in eine Abwärtsspirale aus sinkenden Konsumentenpreisen und schwachem Wirtschaftswachstum hineingezogen zu haben.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) könne auch mit einem Leitzins im Euroraum von 0,25 Prozent den Euro-Mindestkurs verteidigen, zitiert die Nachrichtenagentur der Schweiz (sda) den UBS Währungsexperten Caesar Lack. Der Zinsentscheid der EZB vom 7. November kam für die größte Bank der Schweiz überraschend. Die UBS hatte mit einer Beibehaltung von 0,50 Prozent gerechnet.
Weil unter Analysten bereits über weitere Lockerungen der EZB gemunkelt wird, könnte Lack demnächst die Frage beantworten müssen, ob denn die SNB den Mindestkurs auch im Falle eines massiven Staatsanleihekaufprogramm seitens der EZB verteidigen wird können. Der Chefvolkswirt der BNP Paribas, Paul Mortimer-Lee, plädiert für ein EZB-Anleihekaufprogramm in Höhe von 1.440 Milliarden Euro.
Die jüngste Leitzinssenkung zur Bekämpfung der Deflation sei in etwa so, wie wenn man mit einem Erbsengewähr einen Panzer bekämpfe, meint Mortimer-Lee. Je früher die EZB damit anfange Staatsanleihen zu kaufen, desto besser, zitiert Dow Jones Newswire den Ökonomen, der einer der Wenigen war, der die überraschenden Leitzinssenkung korrekt vorhergesagt hatte.
Im Euroraum lag die Inflationsrate im Oktober bei 0,7 Prozent und damit um 1,3 Prozent unterhalb des Zielwertes der EZB, die bei einer Teuerung von knapp unter zwei Prozent von stabilen Preisen spricht. Spielraum für Anleihekäufe wäre somit vorhanden. Allerdings dürfte sich Deutschland mit allen Mitteln dagegen stemmen.
Ungleichgewichte
Die Politiker in Berlin sowie die deutsche Medienlandschaft, darunter so renommierte Nachrichtensendungen wie das "heute journal", können oder wollen das offizielle Mandat der EZB nicht akzeptieren. Dies besagt: Wenn die Inflation zu niedrig ist, muss die EZB über eine Lockerung der Geldpolitik etwas dagegen tun.
Man stelle sich vor die Inflationsrate im Euroraum läge aktuell um 1,3 Prozent über dem Zielwert der EZB. Bei einem Anstieg der Verbraucherpreise um 3,3 Prozent würde ein Großteil der deutschen Öffentlichkeit durchdrehen und sofort nach Leitzinserhöhungen rufen.
Auch wenn man der Politik in Berlin ganz bestimmt nicht diese Absicht unterstellen darf: Es entsteht jedoch der Eindruck, Deutschland wolle seine wirtschaftliche Vormachtstellung in Europa auf Jahrzehnte hinweg zementieren, in dem es den schwachen Euro-Staaten eine Deflationsspirale aufzwingt.
Die Tatsache, dass sich Länder wie Italien und Frankreich konstruktiven Wirtschaftsreformen nach wie vor verweigern, vergrößert die Ungleichgewichte.
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