18.12.15

Hat die EZB Maß und Mitte verloren?

Das Schaulaufen der Notenbanken wird zu einem Fiasko für den Euro. Anstatt den Weg über 1,10 Franken anzutreten, sinkt der Eurokurs auf 1,0750 Franken. Die Europäische Zentralbank (EZB) von Mario Draghi verlängert ihre Staatsanleihen-Käufe bis zu den Wahlen in Frankreich im Frühjahr 2017. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Es hatte alles recht gut anfangen: Die EZB dreht den Geldhahn zu Monatsbeginn nicht so stark auf wie erwartet. Der Eurokurs steigt mit 1,0940 Franken auf den höchsten Stand seit Beginn des 4. Quartals 2015. An dieser Stelle kommt es zu einer Trendumkehr. Statt das Hoch vom September 2015 bei 1,1050 Franken in Angriff zu nehmen, dreht der Euro nach unten ab.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) versucht es auf ihrer Sitzung am 10. Dezember 2015 mit Abwarten und Tee trinken. Sie sieht von einer Zinssenkung ab, obwohl die EZB ihren Einlagenzins ein Woche zuvor von -0,20% auf -0,30% verringerte. Weil die SNB nicht gegenhält, verhindert sie einen Anstieg des Euro-Franken-Kurses, der zu diesem Zeitpunkt noch möglich war.

Gängelband

Eine große Bürde für den Euro ist EZB. Sie hat in den vergangenen anderthalb Jahren eine Transformationsprozess unterlaufen. Gemäß den neuen Doktrin von Mario Draghi und den meisten seiner Direktoriumskollegen gehört die Wirtschaft im Euroraum ans Gängelband der EZB. Statt harter Fakten reicht Draghi mittlerweile eine schwächere Konjunkturprognose, um die Notenpresse anzukurbeln.

Die Neo-Keynesianer meinen, sie könnten mit der Realwirtschaft Autofahren. Wenn es gerade nicht so gut läuft, drücken sie stärker mit ihrer Notenpresse auf das Gaspedal und schon wird alles gut. Eine gewünschte Begleiterscheinung des vollumfänglichen Einsatzes der Notenpresse ist die Alimentierung wachstumsschwacher Euroländer mithilfe von Billiggeld und Billigzinsen.

Und so dürfte es kein Zufall sein, dass Draghi die Käufe von Staatsanleihen um sechs Monate bis zur den Präsidentschaftswahlen in Frankreich verlängerte. Denn die französischen Regierung wird voraussichtlich keinerlei Reformen durchführen, weil sie sonst bei den Wahlen ohne jegliche Chance wäre.

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