10.7.12

Ruhrpott hängt am Mindestkurs: Was tun mit 450 Mio. CHF Kredit?

Die Stadt Essen sitzt auf einem Schweizer Franken Fremdwährungskredit in Höhe von 450 Millionen Franken fest. Bisher haben die Kämmerer nur Buchverluste angehäuft und setzen auf das Prinzip Hoffnung. Sollte jedoch das Unerwartete passieren und der Eurokurs auf 1,00 CHF fallen, hätten die Kommunalpolitiker durch eine Devisenwette dem Steuerzahler rund 150 Millionen Euro Verlust eingebrockt.

Bisher hat Essen wechselkursbedingte Buchverluste in Höhe von 86 Millionen Euro mit seinem Fremdwährungsdarlehen angehäuft, berichtet die Zeitung „Der Westen“. Rechnet man das Ganze zurück, dann ergibt sich, dass man das 450 Millionen schwere Franken Darlehen offenbar bei einem Euro Wechselkurs von 1,49 CHF aufgenommen hat.

Das letzte Mal notiert der Eurokurs zu Weihnachten 2009 bei 1,49 CHF. Allerdings erscheint es unwahrscheinlich und wäre verantwortungslos, wenn die Stadt Essen zu diesem Zeitpunkt den Fremdwährungskredit aufgenommen hätte, weil die Schweizerische Nationalbank (SNB) zwischen März 2009 und Juni 2010 ihre erste Devisenmarktinterventionen startete, ohne die Bekanntgabe eines Kursziels.

Aktuell notiert das Devisenpaar bei EUR/CHF 1,2010. Weil man die letzten Abschreibungen bei einem Währungskurs von EUR/CHF 1,2156 vornahm, müssten die Kämmerer, wenn sie es mit ihrem Risikomanagement sehr genau nehmen würden, eine weiteren Verlust von 4,8 Millionen Euro in die Bücher aufnehmen.

Exit-Strategie

Die Stadt Essen hat über drei Milliarden Euro Schulden. Ob es richtig ist, das CHF-Fremdwährungsdarlehen ständig zu verlängern oder es nicht besser wäre die Verluste zu realisieren, um noch höhere Belastungen von der der Stadt abzuwenden, weiß heute niemand. Viele Beobachter der Mindestkurs-Politik blenden jedoch oftmals die internationale Dimension der Schweizer Wechselkurspolitik aus.

So befürwortet der Internationale Währungsfonds (IWF) zwar bisher die Untergrenze bei EUR/CHF 1,2000. Allerdings sei diese nur angebracht, um Deflationsgefahren zu bekämpfen. Sollten die Schweizer Teuerung, die aktuell bei -1,1 Prozent liegt, ins positive Terrain zurückkehren, dann würde der internationale Druck steigen, den Mindestkurs aufzugeben.

Ansonsten könnte die Schweiz als „Wechselkursmanipulateur“ gebrandmarkt werden, weil sie versucht durch ein künstliches Kursverhältnis den heimischen Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Es wird immer wahrscheinlicher, dass die SNB im nächsten Jahr damit beginnen könnte eine Exit-Strategie einzuleiten und beginnt den Mindestkurs stufenweise herabzusetzen.

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