24.9.16

Erst kommt das Billiggeld-Reich, dann die Billig-Währung

Die Österreicher sind noch größere Aktien-Muffel als die Deutschen. Die EZB hofft auf eine Rückkehr der "Animal Spirits". Draghi will sein Römisches Billiggeld-Reich auf den Norden ausdehnen. Auf den ersten Blick hat das alles nichts mit dem Rückfall des Euro-Franken-Kurses auf 1,0850 zu tun. Schaut man genauer hin, aber schon. Eine extrem schuldgetriebene Wirtschaft führt zu einer Weichwährung.

Kauft Aktien! Dann nehmt auf die von euch gekauften Aktien einen Kredit auf (Lombardkredit) und kauft noch mehr Aktien. Die Kurse von Atx, Dax und Euro Stoxx steigen dann wie in den USA auf Allzeithochs.
Ihr habt eine Hypothek auf euer Haus und müsst wegen den ultratiefen Zinsen weniger zurückzahlen als gedacht. Dann nehmt die Zinsersparnis nicht um schneller zu tilgen. Kauft/least euch stattdessen ein dickes Auto!

In etwa so stellt man sich das bei der Europäischen Zentralbank (EZB) vor. Sie will mit höheren Vermögenspreisen einen Konsumrausch entfachen. EZB-Vizepräsident Vitor Constancio nimmt nun den Begriff "Animal Spirits" in den Mund. Der geht auf den Ökonomen John Maynard Keynes zurück und besagt, dass emotionalisierte Verbraucher mehr Geld ausgeben und besser gelaunt sind.

Constancio rechnet damit, dass im Falle einer US-Leitzinserhöhung im Dezember 2016 diese "Animal Spirits" freigesetzt werden. Sollte die Fed die Zinsen infolge eines Inflationsanstiegs erhöhen, würde das beweisen, dass Zentralbanken ihre Inflationsziele doch erreichen können, sagt der aus der einstigen römischen Provinz Lusitanien stammende Notenbanker.

Kreditwachstum

Der Römer Draghi wirbt im Norden für das Modell seiner schuldgetriebenen Wirtschaft ohne Reue. In einem Gespräch mit der "Bild"-Zeitung wies Draghi unlängst die Deutschen mit erhobenen Zeigefinger darauf hin, weniger Geld in Sparbücher und mehr in Aktien zu stecken. Das hat nicht funktioniert. Für die meisten Deutschen sind Aktien Teufelszeug. Nur in Österreich wird noch mehr Geld auf Bankkonten angelegt, weiß man bei der Allianz.

"Niedrige Verschuldung ist die beste Basis für Wachstum", sagt Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz. "Kreditwachstum mit allen Mitteln künstlich erzeugen zu wollen, führt zu hohen Risiken. Hohe Schulden sind letztlich eine Wachstumsbremse", tadelt der Deutsche die EZB.

Die will von solchen Einlassungen aber nichts wissen. Die EZB versucht gerade ein neues Modell zu erfinden, bei dem Konsumwirtschaft nach US-Vorbild und Europas Sozialstaats-Modell auf Pump koexistieren können. Das kann eigentlich nicht gutgehen, weil die Europäer nicht so flexibel sind wie die Amerikaner. In den dekadenten Teilen von Draghis Billiggeld-Reich ist die Arbeitslosigkeit viermal so hoch wie in den USA und fünfmal so hoch wie in der Schweiz.

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