7.3.16

Ist eine neue Dezimierung des Euros unausweichlich?

Die Karten werden neu gemischt: Auf einen zweimonatigen Anstieg des Euros folgt eine Comeback des Schweizer Franken. Der EUR/CHF-Kurs befindet nun in einer "Komfortzone". So nennen Devisenexperten den Bereich zwischen 1,0750 und 1,0950. Die Schweizer Wirtschaft kommt mit der Komfortzone prima zurecht. Für Franken-Kreditnehmer ist sie hingegen weder Fisch noch Fleisch. Sie vertrauen darauf, dass es sich mit einem Anstieg des Euros über 1,10 und dem Laufzeitende ihres Kredites ausgeht.

Zwischen Mitte Dezember 2015 und Anfang Februar 2016 kletterte der Euro von 1,0750 auf 1,12 Franken (+4,2%). Es folgte ein rascher Rückzug auf 1,08 Franken. Zuletzt konnte sich der Euro etwas erholen: 1 Euro ist momentan 1,09 Franken wert. "EUR/CHF dürfte sich weiterhin seitwärts bewegen – die SNB wird keine großen Schwankungen zulassen", heißt es in einem aktuellen Monatsbericht der Vermögensverwaltungssparte des Lebensversicherungskonzerns Swiss Life.

Die Schweizer Exportwirtschaft hat sich inzwischen daran gewöhnt, nicht mehr zu einem künstlich schwachen Frankenkurs von 1,20 je Euro ins benachbarte Euroland exportieren zu können. Der Wachstumsmotor läuft wieder rund. Für die Schweizerische Nationalbank (SNB) geht es nun darum, den EUR/CHF-Kurs stabil zu halten. Bei einem raschen Rückfall des Euros auf 1,05 oder 1,00 würde sich die Konjunktur abkühlen, weil den Unternehmen - wie nach dem Mindestkurs-Aus - die Planungssicherheit verloren ginge.


Aus taktischer Sicht macht es deswegen für die SNB Sinn, den Euro in der ersten Jahreshälfte über 1,0750 Franken zu halten. In der zweiten Hälfte 2016 könnte man den Euro sich kontrolliert auf 1,05 Franken abschwächen lassen. "Es gibt kaum eine Volkswirtschaft in der Welt, die so erfolgreich ist", schreibt Martin Hüfner, Chefvolkswirt des Vermögensverwalters Assenagon, in einem Beitrag auf "dasinvestment.com" über die Schweiz.

Als Anlageland sei die Schweiz so attraktiv wie schon lange nicht mehr. Je mehr die EU in Probleme hineinlaufe, umso mehr bräuchten die Kapitalmärkte die Schweiz als Anker der Stabilität und des wirtschaftlichen Erfolges. "Eine gewisse Zeit kann der Franken noch schwächer werden", so Hüfner. Auf längere Sicht sehe er jedoch keinen Grund, weshalb sich die Aufwertung des Frankens nicht fortsetzen sollte.

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Für Einkommensbezieher in Euro, die sich wegen niedrigen Zinsen im Schweizer Franken verschuldet haben, wäre eine Aufwertung des Frankens, also ein Sinken des EUR/CHF-Kurses, erst einmal unerfreulich. Sie müssten paradoxerweise darauf setzen, dass es zu einer massiven Aufwertung des Frankens kommt (1 Euro = 1 Franken), und sich infolge die Schweizer Wirtschaft so stark abkühlt wie nach dem Mindestkurs-Aus. Der EUR/CHF-Kurs könnte dann vor dem Laufzeitende des Franken-Kredites rechtzeitig die Kurve kratzen und wieder über 1,10 steigen.

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